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Stuart Gentle Publisher at Onrec

Wie Super-Mario auf Jobsuche <br>

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Erstkontakt per Mausclick: Auf virtuellen Jobbrsen bekommen Berufseinsteiger leichter einen Draht zu Firmen. Aber ohne persnliches Gesprch bekommt niemand eine Stelle.

Eigentlich knnte Christian Amus unrasiert mit Morgenmantel und Badeschlappen auf Stellensuche gehen. Bei der virtuellen Jobmesse im Internet sieht ihn sowieso keiner. Der Kieler BWL-Student im neunten Semester schickt seinen Avatar vor - ein animiertes Computermnnchen. Christian, 24, trgt gern Karohemd und Kordhose, doch sein virtuelles Abbild will er eleganter einkleiden. Per Mausklick whlt er den klassischen schwarzen Anzug: Ich glaube, die Personaler achten da schon drauf.
Den Avatar lenkt Christian wie eine Super-Mario-Spielfigur ber das virtuelle Messegelnde - eine bunte Welt aus Infostnden, Zimmerpalmen und umherwuselnden Mnnchen. In sieben Hallen bieten mehr als 50 Unternehmen freie Stellen an, darunter klangvolle Namen wie Bertelsmann, Ford oder TUI. An jedem Stand knnen Internet-User mit Firmenvertretern chatten. Wer gleich eine Bewerbungsmappe hinterlassen will, muss sich vorher auf der Website registrieren lassen.

Laut dem Veranstalter Jobfair24 kommen etwa 4000 Interessenten zu der Messe, die einmal im Monat von 13 bis 18 Uhr ihre Tore im Internet ffnet. Der Kampf um die guten Talente ist noch nicht vorbei, glaubt Hakan ktem, Grnder und Geschftsfhrer des 30-Mann-Unternehmens.

Darf ich Sie interessieren?
Im Idealfall greife ein Personalmanager noch auf der Messe zum Telefon fr ein erstes mndliches Interview mit dem Jobsuchenden, erklrt ktem: Jeder vierte Bewerber wird zum Vorstellungsgesprch eingeladen. Passt ein Berufseinsteiger hingegen gar nicht zum Unternehmen, wird ihm das im Chat rasch mitgeteilt.

Christian Amus (Nickname im Internet: Cassmus) bekommt weder eine Einladung zum Bewerbungsgesprch, noch kassiert er eine Abfuhr. Immerhin spricht ihn der Personalverantwortliche eines Versandhauses an: Cassmus, darf ich Sie fr Quelle interessieren?.

Christian wird in einen privaten Chatroom eingeladen - das Computerspiel bekommt pltzlich Zge eines Bewerbungsgesprchs. Der Firmenvertreter (Nickname: Quelle_1) informiert Christian ber aktuelle Traineeprogramme. Sofort schickt Cassmus dem Gesprchspartner seine digitale Bewerbungsmappe und bittet um Feedback - da wird er in seinem Eifer erst einmal gebremst. Dazu ist etwas zu viel los auf der Messe, wiegelt Quelle_1 ab. Nun muss Christian abwarten: Vielleicht melden die sich ja bei mir.

Ein paar Mausklicks und schlagfertige Antworten im Chat reichen nicht aus, um gleich den Traumjob zu bekommen. Doch Unternehmen nutzen das Internet verstrkt als Vorstufe zum Bewerbungsgesprch oder Assessment-Center. Annette Sonnberg, Personalreferentin des Jobfair24-Ausstellers E.on Energie, sieht Vorteile gegenber realen Jobmessen: Die Bewerber, mit denen wir sprachen, waren wesentlich informierter ber unser Unternehmen. Denn auf der virtuellen Jobmesse knnen die Besucher kompakte Firmenprofile abrufen.

Preisgnstig und schnell
Manche Konzerne wie die Deutsche Bank stehen der spielerischen Personalsuche eher skeptisch gegenber: Wir bevorzugen die konventionellen Methoden im Internet, sagt Christian Anhuser, Internet-Experte im Personalbereich der Deutschen Bank. Der direkteste Bewerbungsweg fhrt ber die Firmen-Website - dort kann der Jobsuchende ein Online-Standardformular ausfllen. Das Internet ist preisgnstig, schnell und ffnet einen groen Markt an Bewerbern, sagt auch Eric Hampe, Recruiting-Leiter von Siemens in Deutschland. 60 Prozent aller Bewerbungen laufen im Siemens-Personalbro inzwischen via Internet ein.

Virtuelle Jobmesse: Jeder Vierte bekommt eine Chance
Um ein groes Publikum zu erreichen, inserieren beide Konzerne bei Internet-Jobbrsen wie Stepstone, Monster oder Jobpilot - Stellensuchmaschinen ohne Avatare und virtuelle Messehallen. Diese Karriereportale haben auer freien Jobs zustzliche Dienstleistungen im Angebot. Sie vergleichen Firmen- mit Bewerberdaten und informieren Jobsuchende per E-Mail ber Treffer. Gleichzeitig knnen Unternehmen in ppigen Bewerber-Datenbanken stbern.

Doch Unternehmen und Internet-Dienstleister verbindet ein gemeinsames Problem: Infolge der Wirtschaftsflaute haben sie immer weniger Jobs im Angebot. Ende 2000 hatte Jobpilot allein in Deutschland ber 90.000 Stellen ausgeschrieben, zwei Jahre spter waren es nur noch knapp 30.000. Dafr hat sich die Zahl der registrierten Nutzer in diesem Zeitraum mehr als verdoppelt: Fast 700.000 User bemhen sich ber Jobpilot um einen Arbeitsplatz. Doch diese Nutzer zahlen nicht fr die Arbeitssuche - Jobpilot macht seine Umstze zu 80 Prozent mit Stellenanzeigen, zu 20 Prozent mit Software und den Bewerber-Datenbanken fr Firmen.

Welcher Weg ist richtig?
Gerade wenn es eng wird auf dem Arbeitsmarkt, suchen Berufseinsteiger nach zustzlichen Informationsquellen neben den Stellenangeboten in Tageszeitungen. Doch welcher Bewerbungsweg ist der richtige? Manche Unternehmen erwarten die klassische Bewerbungsmappe. Die Stellenanzeige verrt meist, welches Verfahren die Firma bevorzugt. Fhrt ein Link zu einem Online-Bewerbungsbogen auf der Internet-Seite, wnscht sich die Firma auch die elektronische Bewerbung. Ist eine E-Mail-Adresse mit dem Namen eines Personalers angegeben, liegt man mit einer E-Mail-Bewerbung richtig.

Dagegen warnt Axel Evers, Hochschulmarketing-Experte von Jobpilot, vor Sammeladressen wie info@firma.de - eingehende E-Mails drohen in der Masse unterzugehen. Im Zweifel sollte der Bewerber telefonisch nachfragen, welchen Weg das Unternehmen bevorzugt.

Antworten auf solche Fragen findet der Berufseinsteiger auch auf der virtuellen Jobmesse. Guten Tag, Cassmus, sagt der freundliche Vertreter eines groen Konsumgter-Anbieters zu Christian, ja, Sie knnen jederzeit in unser Trainee-Programm einsteigen. Jederzeit? Na ja, nachdem der Bewerber einen Marathon mit Auswahltest, telefonischem Interview und Assessment-Center hinter sich gebracht hat. Und dafr muss er sich erst einmal schriftlich bewerben, bevorzugt ber die Website der Firma.

Wir werden das persnliche Gesprch nie ersetzen knnen, sagt Jobfair24-Grnder ktem, kein Mensch wrde ber das Internet einen Arbeitsvertrag abschlieen. Bewerber haben aber laut ktem die Chance, das erste Eis zu brechen. Autor: SIMON HAGE. Quelle: spiegel.de

Article provided by Marcus Reif | (03.04.2003)